Mohnblume16
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 Zweifel nach meinem Abbruch - Trauer um Baby und Beziehung
Liebe alle,
Ich wende mich hier an euch, weil ich schlichtweg nicht mehr weiß, mit wem ich sprechen könnte. Es ist das erste mal für mich in einer Selbsthilfegruppe und es ist merkwürdig meine Gedanken hier zu offenbaren, aber ich versuche es trotzdem und hoffe ich kann Hilfe bekommen ohne verurteilt zu werden.
Ich bin 27 Jahre alt und hatte vor 10 Tagen eine Abtreibung. Das Kind wäre am 30.5. gekommen - zu diesem Zeitpunkt hätte ich mein Studium dann gerade ein paar Wochen abgeschlossen gehabt. Ich habe mir immer gewünscht einmal Kinder zu haben und mich immer darauf gefreut! Ich habe diese Entscheidung unter großem psychischen Druck gefällt und nun, da sie irreversibel getroffen ist, zweifle ich daran und fühle einen unendlichen Schmerz. Ich verbringe meine Tage im Bett, schaffe es nicht mehr wirklich aufzustehen, so sehr trauere ich.
Der Grund für den Abbruch war nicht das Kind selbst, ich habe mich eigentlich darauf gefreut, auch wenn es ungeplant war. Es war die Beziehung, in der es entstanden ist. Mein Exfreund hatte sich nach 6 Jahren im Mai von mir getrennt (die Beziehung hatte aufgrund einer psychischen Erkrankung seinerseits - Depression - schon lange gelitten) - ich hänge sehr an ihm und konnte ihn erstmal nicht gehen lassen. Es folgte ein trotz Trennung gemeinsamer Urlaub im Sommer - natürlich machte ich mir Hoffnungen, wieder mit ihm zusammen zu kommen. In diesem Urlaub wurde ich ungewollt schwanger. Auch wenn ich die Beziehung mit ihm wollte und mir immer Kinder gewünscht habe, war das zunächst ein großer Schock für mich - ich wusste ja, dass unsere Beziehung auf wackeligen Beinen stand und er hatte auch mehrmals gesagt, dass es für ihn kein zurück gäbe. So hatte ich es mir trotz generellem Kinderwunsch nie gewünscht, schwanger zu sein. Eines Tages nach dem Urlaub kam mein Exfreund zu mir und sagte, der Urlaub und unsere gemeinsamen Unternehmungen wären für ihn falsch, er hätte mir falsche Hoffnungen gemacht und würde jetzt gern einen klaren cut machen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich bereits, dass meine Tage 4 Tage zu spät waren. Nach ein paar Tagen, in denen ich überfällig war, habe ich schließlich einen Test gemacht - positiv. Ich wusste erst einmal gar nicht, was ich fühlen sollte, war einen Tag wie in Trance. Dann war da eine Art Glücksgefühl und gleichzeitig die Angst, wie mein Exfreund reagieren würde.
Nach einem Tag beschloss ich, ihn schnellstmöglich mit einzubinden und habe ihm davon erzählt. An diesem Abend war er zunächst geschockt, meinte aber, dass er beide Entscheidungen unterstützen würde. Ich sollte mir aber im klaren darüber sein, dass es nichts an unserer Beziehung ändern würde. Sollte ich das Kind bekommen, wäre ich alleinerziehend. Auch wenn das Wort "alleinerziehend" mich stark getroffen hat, war ich erst einmal erleichtert darüber, generell Unterstützung von ihm zu bekommen. Zunächst war an eine Abtreibung meinerseits nicht zu denken. Was dann aber in den folgenden 3 Wochen folgte, war der Horror. Mein Exfreund setzte mich unter extremsten psychischen Druck, er habe sich gegen das Kind entschieden und wolle auf keinen Fall, dass ich es bekomme. Obwohl ich ihm gesagt habe, dass es mir wichtig wäre das Kind als gemeinsame Eltern, wenn auch nicht als Paar großzuziehen wollte er davon nichts wissen. Er meinte ihm wäre es am liebsten, wenn er das Kind zu 100% nehmen würde, ich könne es ab und an besuchen und wenn ich mich gegen diese Variante entscheiden würde, müsse ich es auch zu 100% alleine tragen. Irgendeine Art von gemeinsamer Elternschaft wäre für ihn absolut ausgeschlossen. Das hat mir den Rest gegeben - ich hatte ja 6 Jahre mit diesem Mann gelebt und ihn sehr geliebt. Es wurde noch schlimmer, als er den Vergleich zu seiner 1. Familie zog. (Er war bereits schon einmal verheiratet und hat 2 Kinder). Er sagte mir, damals wäre alles anders gewesen, er und seine Exfrau hätten ihre Kinder gewollt, alles wäre perfekt gewesen. Ein Baby in einer Trennungssituation mit mir wäre aber undenkbar für ihn. Nach und nach bekam ich es mit der Angst zu tun, jede Verletzung, die er mir verpasste, löste in mir das Gefühl aus, dass ich mich selbst schützen müsste. Ich hatte das Gefühl, ich würde auch nie über ihn hinweg kommen, wenn ich das Kind von ihm alleine aufziehen würde. Nach 3 Wochen und Gesprächen mit meinem Exfreund, meinen besten Freunden und Profamilia war es dann soweit. Bis zum Tag der OP befand ich mich wie in Trance und wusste nicht, ob es richtig war - ich wollte nur noch aus dieser extremsten psychischen Belastung heraus und ich tat es. Obwohl ich mir immer ein Kind gewünscht hatte - in der Hoffnung ich würde über meinen Exfreund, der mir sehr weh getan hat hinweg kommen - und mit dem Wunsch irgendwann eine glückliche, kleine, intakte Familie zu haben.
Das ist jetzt 10 Tage her. In den ersten Tagen nach der OP war ich so erschöpft und so durch den Wind, dass ich eigentlich gar nichts mehr fühlen konnte. Ich habe nur verdrängt. Seitdem ist es jeden Tag schlimmer geworden. Schuldgefühle, Trauer, das Gefühl von Verlust, die Gedanken "Was wäre wenn" oder "habe ich den größten Fehler meines Lebens gemacht?". Ich vermisse mein Kind und die Vorstellung wie es gewesen wäre, Mama zu sein. Ich komme morgens fast nicht mehr aus dem Bett, obwohl ich immer ein lebensfroher Mensch war und kann nicht fassen, dass ich diese Entscheidung tatsächlich getroffen habe. Ich frage mich - werde ich je wieder glücklich sein? Werde ich je Kinder haben? Und dabei bekomme ich eine riesengroße Angst. Ich weiß nicht mehr, wie ich mit diesem Schmerz umgehen kann.
Mit das schlimmste ist, dass ich dachte durch diese Erfahrung mit meinem Exfreund würde ich endlich über ihn hinweg kommen. Ich dachte ich könnte ihn nicht mehr lieben, wenn er zulässt, dass ich unser Kind abtreibe. Er ist ein vollkommen anderer Mann, als ich dachte, aber ich merke, dass ich ihn trotz allem noch liebe. Ich weiß, dass das verrückt klingt. Der Schmerz - der Verlust von ihm als meiner jahrelang engsten Bezugsperson und der Verlust meines Kindes - ist eigentlich gleichbedeutend mit dem Verlust all meiner Träume. Ich denke mir "nur wenn ich wieder schwanger bin, kann ich wieder glücklich sein." und fühle mich schuldig dabei. Ist das normal, sich sofort wieder ein Baby zu wünschen? (auch wenn das ohne Partner natürlich weit weg ist)
Was kann ich nur tun? Bei Profamilia habe ich es schon versucht. Die meinten aber, dass meine Entscheidung definitiv wohl überlegt und richtig war und nicht die Abtreibung der Fehler war, sondern dass es in der Trennung Überhaupt zu einer Schwangerschaft gekommen ist.
In der Hoffnung irgendwo gleichgesinnte zu finden. Liebe Grüße
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Luisa000
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 Re: Zweifel nach meinem Abbruch - Trauer um Baby und Beziehung
Hallo Mohnblume,
fühle dich gedrückt und versuche nicht so hart zu dir zu sein. Ich habe mich vor zwei Jahren für eine Abtreibung entschieden, weil mich meine Partnerschaft damals kaputt gemacht hat. Na klar hätte ich das Kind trotzdem bekommen können, aber ich habe mit der Zeit gemerkt, dass ich durch diese ungesunde Beziehung erstmal selber glücklich werden musste. Ich wollte einerseits nicht, dass mein Kind mit so einem schlimmen Vater aufwächst und andererseits nicht, dass ich alleinerziehend bin. Dieser Schmerz, den du gerade fühlst, geht vorbei. Ich habe mir nach der Abtreibung auch Vorwürfe gemacht, es ist okay zu zweifeln, doch Mutter zu werden, ist dadurch nicht unmöglich geworden. Ganz im Gegenteil, du bist jetzt wieder allein und kannst dich endlich mal nur auf dich konzentrieren, dich finden und heilen. Wenn du deine Trennung und den Schwangerschaftsabbruch verarbeitet hast, zum Beispiel in einer Therapie, wirst du eines Tages bestimmt eine ganz tolle Mutter werden. Es ist nichts verloren, auch wenn es gerade vielleicht so wirkt.
Die Antwort kommt leider zwei Monate zu spät, wie geht es dir jetzt?
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